Es gibt Tage oder Wochen
die scheinen es in sich zu haben.
Aber – so habe ich mir sagen lassen – genau diese
Tage seien wichtig für unser Leben!
Am 7. und 8. August hatte ich Besuch aus Deutschland. Auf der
einen Seite freute ich mich sehr, meine Freundin die ich seit der Schulzeit
kenne, wieder zu sehen. Das letzte Mal trafen wir uns 2001, als ich erst kurz
in Kanada war. Die ganze Situation stresste mich dennoch, denn Besuch kann ich
im Moment nicht geniessen. Meine Freundin weiss von den Schwierigkeiten in
meiner Beziehung, dennoch. Um mich einigermassen zu entlasten schrieb ich ihr,
dass es nicht möglich sei, sie und ihr Mann zu uns nach Hause einzuladen. Ich
wollte mich und sie nicht in eine unangenehme oder peinliche Lage bringen. Sie
schrieb zurück, dass sie verstehe und wir den Tag anders verbringen könnten. Ein
riesiger Stein fiel mir vom Herzen.
Dann irgendwie – ich weiss nicht warum – stellte ich es mir doch
total doof vor, dass ich meinen Besuch den ganzen Tag in der Gegend rumchauffieren
musste, nur weil manchmal zuhause dicke Luft ist.
Ich ging also für ein gemeinsames Mittagessen einkaufen, bereitete
alles vor, so dass wir bei mir zuhause Essen konnten. Das war auch die perfekte
Lösung für meine Mädchen, die hätte ich ja eh nicht den ganzen Tag alleine
lassen können.
Ich muss noch erwähnen, dass sich meine Freundin irgendwo zwischen
Deutschland und Creston eine Erkältung geholte hatte, die nun voll ausbrach. So
gut es ging blieb ich auf Abstand, aber wie soll man, wenn man gemeinsam in
einem Auto fährt?
Kurz und gut… für mich war es ein echt stressiger Tag und ich
war erleichtert, als er vorbei war…eigentlich schade.
Am darauffolgenden Tag (Freitag) musste ich all die Eindrücke
verarbeiten und mich wieder einigermassen einmitten.
Dann kam der Samstag und ich merkte – wie konnte es anders
sein – der Besuch hatte die Erkältung bei mir zurückgelassen! Seit ich hier
lebe, habe ich höchst selten eine Erkältung oder Grippe, ausser --- jemand
überlässt mir diese Dinge grosszügig. Die darauffolgenden Tage waren eine Qual
und der Husten plagte mich pausenlos und ich hatte Fieber.
Ab Montag machte ich mit meinen Mädchen ein paar Schritte ums
Haus. Dabei beobachtete ich besorgt, wie Chica sich nur mühsam gerade halte
konnte. Kurz darauf gingen wir ins Haus zurück. Chica legte sich wieder aufs
Sofa und schlief ein. Kurze Zeit später hörte ich, dass sie sich erbrach. Chica
probiert immer nach draussen zu kommen, wenn sie erbrechen musste. Die Türe
stand offen aber sie machte keine Anstalten aufzustehen. Ich säuberte sie…und
wollte ihr mit einer Pipette ein bisschen Wasser einträufeln, was sie
verweigerte. Irgendwie spürt man, wenn sich eine Situation verändert. Ich liess
Chica in Ruhe, setzte mich aber regelmässig in kurzen Abständen zu ihr auf’s
Sofa. Ich googelte, wie ich ihr helfen könnte – helfen beim Sterben. Da sagte
es dann auch, dass bei Hunden manchmal der sterbe Prozess bis zu drei Tage
dauern könnte. Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass Chica einfach an Altersschwäche
stirbt, einfach so….wegschlafen. Es ging mir so gegen den Strich, den Vet
anzurufen und sie durch eine Spritze sterben zu lassen.
Chica war ruhig und sie schien keine Schmerzen zu haben. Als
dann Urs nach Hause kam, ging die Diskussion los. Drei Tage? Willst du dir das
wirklich antun? Du bist ja selber nicht gesund, wie schaffst du das denn? So willigte
ich ein, doch den Vet zu rufen. Urs war am Telefon um alles zu organisieren…der
Vet käme ja zu uns…. und ich sass bei Chica, streichelte ihren Kopf und sprach
leise zu ihr.
Urs wartete immer noch auf den Rückruf vom Arzt, als sich
Chica mit ein paar Gesichtszuckungen entspannte und ihre Seele freigab.
Später haben sie sie dann abgeholt und ich war so unendlich
dankbar, dass Chica in meinem Sinne sterben durfte. Alles war so ruhig, so
entspannt…
Dienstag, mir ging es noch immer nicht besser und Chicas Tod
machte mich trotz allem sehr, sehr, traurig. Intensiv widmete ich mich Manu…
Urs war den ganzen Tag weg und ich probierte zu schlafen und
zu ruhen. Am späten Nachmittag kam Urs nach Hause und klagte, dass ihm ganz übel
sei und es ihm gar nicht gut ginge. Ok. Ich raffte mich auf und machte ein
leichtes Abendessen in der Annahme, das würde ihm helfen. Er ging früh zu Bett
und schlief auch sofort ein. Als ich dann so um zweiundzwanzig Uhr ready
fürs Bett war, stand Urs auf und liess mich wissen, ihm gehe es noch schlechter
und er müsse nach Creston in die Emergency.
Für alle die es nicht wissen, wir fahren 30 km nach Creston
und zum Hospital. O.k. alles wieder zurück! Ich fuhr Urs in die Notfall Station,
erledigte dort die Aufnahme um danach gleich wieder zurück zu fahren. Ich
wollte Manu nicht zu lange alleine lassen. Sie vermisst Chica sehr und suchte
ständig nach ihr.
Zuhause fiel ich total erschöpft ins Bett und schlief auch
sofort ein. Halb zwei Uhr in der Nacht, das Telefon… Sie würden – da genug
Platz – Urs bis zum Morgen dabehalten, so dass ich nicht noch einmal die 30 km
hin und zurück fahren müsste. Aber ich müsste ihn am Morgen um 6.00 abholen,
was ich dann auch tat. Nachdem ich Urs zu Hause absetzte, Manu verpflegte und ich
auch ein kleines Frühstück zu mir genommen hatte, fuhr ich wieder nach Creston
um für Urs die nötigen Medikamente zu holen. Ganze 3 Stunden wartete ich bis
alles geregelt war…
Urs meinte am nächsten Tag dazu nur: Also ich hätte auch
allein fahren können, wenn du nicht gefahren wärst…oder ich hätte die Ambulanz rufen
können! Nicht nötig zu erwähnen, Urs geht es wieder gut.
Ja well…irgendwann kommt alles richtig…darauf hoffe ich…und
hoffen darf man immer!